1997 berichtete die 60-jährige Ana Orantes aus Granada in einem Fernsehinterview von den Misshandlungen durch ihren Ex-Mann, zwei Wochen später übergoss er sie mit Benzin und zündete sie an. Ein grausamer Einzelfall fand die spanische Regierung.
2016 wurde beim jährlichen Stiertreiben in Pamplona eine 18-Jährige von fünf Männern in einem Hauseingang vergewaltigt und dabei gefilmt. Zwei Jahre später urteilte ein Gericht, dass es sich nicht um eine Vergewaltigung handle, weil sich die Jugendliche nicht gewehrt hatte.
Der erste Vorfall führte zu mehreren Massnahmen in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt. Der zweite zu einem Gesetz, das Konsens beim Sex zwingend notwendig macht. Spanien ist inzwischen ein feministisches Vorreiterland.
«Catcalling», wird in Spanien seit Anfang Juni als sexuelle Belästigung bestraft. Spanien auch ein «Nur Ja heisst Ja»-Gesetz. Am 26. August stimmte das spanische Parlament endgültig dem Gesetz zu, nach dem sexuelle Übergriffe auch als Vergewaltigung gewertet werden, wenn sich das Opfer nicht wehrt. Eine ganze Reihe weiterer Gesetze sind in Vorbereitung oder wurden bereits verabschiedet, darunter der bezahlte Krankenstand für Frauen, die unter starken Menstruationsbeschwerden leiden.
2004 führte Spanien als erstes Land in Europa ein Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt ein.
Ein Grund für die progressive Haltung Spaniens ist die aktuelle spanische Regierung und ihre Zusammensetzung. 42 Prozent der Parlamentsmitglieder sind weiblich. Die wichtigsten Ministerien sind mit Frauen besetzt, 15 von 23 Kabinettsmitgliedern sind weiblich.
Gewalt in Beziehungen gilt in Spanien als soziales und strukturelles Problem. Über Frauenmorde wird prominent und landesweit berichtet.
Die Zahl der Berichte über geschlechtsspezifische Gewalt steigt jedes Jahr, was als gutes Zeichen gewertet wird. Ein gutes Zeichen, denn die Dunkelziffer sinkt und das Vertrauen in die Behörden steigt.